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„Ich nannte ihn Krawatte“

Installation_4: „ICH NANNTE IHN KRAWATTE“

Größe: ca. 200 x 80 x 40 cm

Der Roman „ICH NANNTE IHN KRAWATTE“ von Milena Michiko Flasar (5. Auflage 2023) hat mich total fasziniert!

Der Wunsch, die Essenz dieses Romans textil-künstlerisch - nonverbal - umzusetzen hat mich nicht mehr losgelassen.

Während seines langen unbefriedigenden Berufslebens trägt Öhara Tetsu täglich eine rotgrau gestreifte Krawatte, die ihm seine Frau Kyöko jeden Morgen liebevoll umbindet. Als er arbeitslos wird und es seiner Frau aus Charm nicht sagen kann, verbringt er viel Zeit im Park. Es kommt ganz langsam zu einer Annäherung zwischen ihm und dem zwanzigjährigen Hikikomori Taguchi Hiro.

„Ich nannte ihn einfach Krawatte. Der Name passte zu ihm. Rotgrau. Krawatte also.

Es ist die Krawatte, die Sie trägt, nicht umgekehrt. Später war das ein Scherz zwischen uns. Die Krawatte trägt Sie. Woraufhin er lächelte, dann lachte, in lautes Gebrüll losbrach. Du hast Recht. Es ist ein Irrtum, zu glauben, ich sei derjenige, der sie trägt. Ich trage nichts, gar nichts.“

In dieser auf die Krawatte reduzierten Person steckt so viel negative Energie, dass sie förmlich daran zerbricht und letztendlich an plötzlichem Herzversagen verstirbt.

Die auf Öhara Tetsu lastende Schwere, Schuld und Verzweiflung, sowie sein Unglücklichsein auch im Privatleben habe ich versucht in Form einer mantelartigen Stola aus ca. dreißig miteinander verwobenen und mit roten und grauen Streifen bemalten Krawatten darzustellen. Dieses übermenschlich große Gewand schützt ihn scheinbar, in Wirklichkeit erdrückt es ihn.

annhoff

Potsdam, im Februar 2024